Eins, zwei, drei, Erdbeerkäse und Aa
Ich wache in einem Wald auf. Wie gewohnt zähle ich zunächst meine Beine und komme ausnahmsweise auf vier. Nach kurzem Überlegen komme ich nur auf eine einzige plausible Erklärung: Scheiße, ich bin das letzte Einhorn! Meiner gigantischen Erektion zufolge befinde ich mich zudem in der Brunftzeit. Und weil ich ja das letzte Einhorn bin und körperliche Liebe zu anderen Tieren ablehne, entscheide ich mich für Masturbation. Von Ohr bis Huf unfassbar geil wichse ich ein bisschen ins Geäst, spritze in kleine Gewässer und am Ende des Tages tut mein Horn so weh, dass ich mich auf eine kleine Bank kauere und stundenlang weine.
Meine Damen und Herren, ich hoffe, diese gute Einleitung hat Sie prima unterhalten. Doch möglicherweise hat nichts mit dem folgenden Text zu tun. Gleiches gilt für die Überschrift. Das Stichwort ist: Manipulation. Das Wort „Manipulation“ kommt aus dem Keltischen und bedeutet „trügerische Absicht“ oder auch „Verwerfung“; manch ein Linguist beteuert gar, die Germanen hätten es synonym für „Wahnsinn“ verwendet. Und all das behaupte ich. Wer könnte mir widersprechen, ohne das Internet zu befragen? Wenige. Wer könnte von sich sagen, dass er noch nie auf irgendeine Manipulation hereingefallen ist? Niemand. Und wer kann mir sagen, wer uns Kleingeister am häufigsten korrumpiert? Medien? Politiker? Osteuropäische Fußball-Schiedsrichter? Ja, okay, die alle natürlich auch, aber jetzt mal über was Anderes, natürlich: Werbung. Vorhang auf, Glotze an.
Ba, ba, ba, ba – „Babybel“ ist Käse. Käse ist gelb, obwohl Milch weiß ist.
Be, be, be, be, – „Becel pro activ“ ist Margarine. Margarine nennt man im Volksmund auch „Kunstbutter“, obwohl sie künstlerisch vollkommen wertlos ist.
Bi, bi, bi, bi – „Bionade“ ist ein Getränk. Getränke sind Genussmittel, obwohl „Bionade Quitte“ da Anderes verspricht.
Bo, bo, bo, bo – „Bofrost“ ist ein Tiefkühlkostlieferant. Tiefkühlkostlieferanten bringen Fertiggerichte, die ja mal überhaupt gar nicht verzehrfertig geliefert werden – Tiefkühlpommes etwa muss man zuvor backen, frittieren oder wenigstens warm lutschen.
Und Bu, bu, bu, bu – „Butterfinger“ ist ein Schokoriegel. Ein Nestlé-Schokoriegel mit einer Erdnusskrokantdecke auf Erdnussbuttercreme, umhüllt von zarter Schokolade. Ein Nestlé-Schokoriegel, welcher in Deutschland seit 1999 nicht mehr verkauft wird. Weil gentechnisch manipulierter Mais im Riegel steckt.
Ha! Da sind wir wieder beim Thema. Ich kenne ein Ehepaar, das kauft sich jeden Morgen am Kiosk gleich drei Zeitungen, damit es sich aus all den Lügen bequem die eigene Wahrheit puzzlen kann. Drei Chancen auf Realität. Gucken wa mal. Kim Jong-il ist in einem Zug vor Erschöpfung gestorben, er hatte einen Herzinfarkt oder aber er wurde von Jesus in den Himmel bestellt, damit sie gemeinsam Weihnachten feiern können – ja, was denn nun? Das hängt ganz davon ab, welche Zeitung man liest und welchem Nachrichtensprecher man am meisten vertraut. Die sagen dies, da steht das, Aussage gegen Aussage, Lüge gegen Lüge, Unsinn gegen Quatsch! Osama Bin Laden und die Mondlandung gab es nie. Die Titanic ist nicht untergegangen, sondern außerplanmäßig hinab nach Atlantis gefahren. Adolf Hitler hatte ein Ufo und wohnt jetzt zusammen mit Elvis Presley auf dem Jupiter, wo sie alle drei Wochen ein großes Scrabble-Turnier ausrichten. Ohne Vokale! Ja! Kann doch alles sein! Beim Scrabble bringt das Wort „Wahrheit“ dreizehn Punkte, Unglückszahl!, „Vertuschungsmanöver“ jedoch, kein Scheiß; zweiundvierzig Punkte. 42! Die Antwort auf alles! Zufall?
PeterLicht kommt vorbei und singt: „Wir gehen durch die Straßen und glauben kein Wort, von den Worten, die an den Wänden stehen.“ Ein kluger Typ, dieser Typ. Und dann reitet PeterLicht auf dem allerletzten Einhorn durch die abgelegenen Industriestraßen in Willich-Münchheide und überall kleben Plakate von Kleinkünstler-Tourneen und dann diese Buchstabensammlungen wie FDP, SPD, CDU, ACAB und ein geföhnter Lokalpolitiker grinst sich mit seinem Überzeugungs-Grinsen die Zukunft zurecht. Das Einhorn hält an und pinkelt der Zukunft in den Mund. Kompagnon PeterLicht singt wieder: „Die Zukunft leuchtet schon und wir halten unsere Hände in ihre wärmenden Ränder.“ Das muss man sich mal vorstellen, der viel zu unbekannte Musiker PeterLicht und das letzte Einhorn stehen in einem Industriegebiet irgendwo am Niederrhein und sie patschen ihre Hände bzw. Hufe an eine Wand. Das ist schon etwas kurios. Hat aber wirklich so stattgefunden. Vielleicht. Und dann klingelt Peters Telefon. Gott ist dran. Er sagt:
Da, da, da, da – Da macht ihr aber ganz schönen Unsinn!
De, de, de, de – Dem armen Politiker in den Mund pieseln, das ist doch keine Satire mehr, das ist
Di, di, di, di – Die endgültige Verdummung meiner kleinen Schöpfung!
Do, do, do, do – Donnerstag habt ihr die Sauerei wieder in Ordnung gebracht, sonst gibt es einen Tsunami!
Du, du, du, du – duuut, duuuut, duuut. Aufgelegt.
(geschrieben am 19.12.2011)