„Also, ich würde mich wählen!“
Bislang war ich lediglich Poet, Moderator und Raucher. Doch dieser Tag wird in die Geschichte meiner Lebensgeschichte eingehen, denn ab sofort bin ich auch: Politiker. Wie es dazu kam und weitere, ehrliche Informationen dazu lesen Sie jetzt in einem Interview mit mir selbst. Verbreitung erwünscht.
Krefeld. Ein junger Nachwuchsbürger geht in die Politik. Soll er halt. Und soll er halt mal was zu sagen. Unser Redakteur Johannes Floehr traf sich mit Johannes Floehr, um mit ihm über die kommende Landtagswahl, die Ziele der PARTEI und Hannelore Kraft zu sprechen.
Guten Tag, Herr Floehr. Erklären Sie uns doch zunächst einmal, wovon wir hier reden.
Sehr gerne. Das sogenannte „Bundesland“ Nordrhein-Westfalen sucht aus Gründen einen neuen Landtag. Einen zu finden ist allerdings gar nicht so einfach. Weswegen die Partei „Die PARTEI“ für Sie, liebe Demokratinnen und Demokraten, am 13.05.2012 eine Landtagswahl ausrichtet. Wir bitten um Kenntnisnahme. Und Ihre Stimme für die PARTEI. Selbstverständlich sind aber auch andere Partien („Piraten“) und Splittergruppen („FDP“, „CDU“) herzlich dazu eingeladen, sich auf die Wahlzettel drucken zu lassen – wir werden deren Ergebnisse nach der Wahl ganz basisdemokratisch unter „Sonstige“ bekanntgeben. Übrigens: Als erste Partei der ganzen Welt hat die PARTEI am vergangenen Samstag seine Landesliste gewählt. Und auf selbiger steht auch irgendwo mein Name.
Sie sind nun also ein Politiker.
Vielen Dank bzw. Arschloch. Mit Verlaub.
Welchen Listenplatz haben Sie denn ergattern können?
Ich stehe relativ weit hinten, weil die Listenplätze nach der Höhe des Einkommens vergeben worden sind. Absteigend. Die Reichen nach oben, die Armen nach unten. So machen es andere Partien übrigens auch, aber nur wir geben es zu. Man könnte nun sagen, dass es für mich mit einem so „späten“ Platz auf der Landesliste knapp werden würde mit dem Einzug in den Landtag, aber wer Derartiges behauptet, hatte früher definitiv keinen Mathe-Leistungskurs: Denn es genügen bereits etwa 40% der Wählerstimmen, um mich in den nordrhein-westfälischen Landtag zu wählen. Angesichts des Wahlziels der PARTEI, nämlich das Erreichen der absoluten Mehrheit („plus x“), bin ich mir sehr sicher, demnächst in Düsseldorf arbeiten zu dürfen. Wofür ich mich vorab bereits bedanken möchte.
Nicht so voreilig. Noch sind Sie nicht gewählt. Bei der Landtagswahl 2010 erhielt die PARTEI nur rund 0,12% der Zweitstimmen.
Die Statistik lügt, wir glauben nur unseren eigenen. Bei einer vergangenen Kreistagssitzung haben wir beispielsweise ganz spontan gefragt, welche Partei die Anwesenden wählen würden – dass 100% der Befragten für die PARTEI stimmten, spricht für sich. Ich denke also, dass es sich bei den Ergebnissen der letzten Landtagswahl um ein Versehen gehandelt hat. Genau aus diesem Grund geben den Bürgerinnen und Bürgern ja auch nun die Chance, alles wiedergutzumachen.
Erklären Sie unseren Lesern doch einmal, wieso man gerade der PARTEI vertrauen sollte.
Jeder Wähler, der der PARTEI seine Stimme gibt, beweist, dass er Ahnung hat. Wähler der PARTEI haben durchweg Ahnung. Schließlich ist die PARTEI sehr gut. Nehmen wir als Beispiel unseren Landesvater Dr. Mark Benecke. Er ist die Ahnung in Person. Er hat nicht nur einen echten Doktortitel, sondern in seiner nebenberuflichen Tätigkeit als Kriminalbiologe mutmaßliche Knochen Adolf Hitlers untersucht. Er bewies, dass es sich um Fälschungen handelte. Ich hätte das nicht gekonnt. Sie etwa? Oder irgendjemand anders? Ich glaube nein. Nur Dr. Mark Benecke kann das. Er war auch schon einmal bei Markus Lanz, also sind auch die Beziehungen zu schmierigen Halli-Galli-TV-Nasen gegeben. Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort: Sollte die PARTEI gewählt werden, bekämen wir es gewiss hin, die Sendung „Wetten dass…?“ – die Älteren werden sich erinnern – für immer in die Mehrzweckhallen Ostdeutschlands zu verbannen. Die endgültige Verbannung der trivialen Samstag-Abend-Unterhaltung aus NRW. Das ist unser Auftrag. Und Tierschutz.
Gut, dass Sie es selbst ansprechen: Tierschutz scheint Ihnen besonders wichtig zu sein. Er kommt auch im Kürzel der „PARTEI“ vor (Anm. der nicht vorhandenen Redaktion: „Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative“). Erläutern Sie dieses Anliegen doch bitte.
Ich bedanke mich für diese Frage. Korrekt, „Tierschutz“ steht in unserem Namen. Doch das „T“ ist, wie übrigens alle anderen Buchstaben auch, austauschbar. Wir stehen für alles, was uns Mehrheiten bringt. Tiere sind zwar sehr süß und manche Arten sind nicht nur zwischen Fladenbrot sehr schmackhaft. Doch sollte sich herausstellen, dass die Bürger Nordrhein-Westfalens etwas Anderes als wichtiger einstufen, so können wir reagieren. So haben beispielsweise nächtliche Befragungen am Duisburger Hauptbahnhof ergeben, dass die Kernthemen der Leute dort ganz andere sind als etwa in der Universität Münster. Die Befragten in Duisburg ziehen „Titten“ dem „Tierschutz“ vor. Weswegen „PARTEI“ dort für „Partei für Arbeitslosengelderhöhung, Rente mit 30, Titten, Erektionsförderung und kostenlose iPhones“ steht. Wir sind flexibel, wo wie es der Zeitgeist von uns auch verlangt. Wir sind eine Partei neuen Typus. Modern und sehr gut, falls ich das noch nicht erwähnt haben sollte.
Was halten Sie von Hannelore Kraft?
Sie ist gar nicht so verkehrt. Wenn Sie möchte, kann sie nach unserem Wahlsieg bei der PARTEI anfangen. Ich persönlich bräuchte zum Beispiel noch einen Fahrer für meinen Dienstwagen, da ich keinen Führerschein habe. Frau Kraft darf sich gerne um die Stelle bewerben! Auch SPD-Mitgliedern muss man eine zweite Chance geben, etwas Vernünftiges aus dem eigenen Leben zu machen. Obendrein würde sie dann auch erfahren, wie es ist, bei einer Partei mit auf-, statt absteigenden Mitgliederzahlen zu sein. Das täte ihr vielleicht ganz gut, für das Zählen ihrer Augenringe braucht man ja längst eine beachtliche Truppe von Mathematikern.
Wie viele Mitglieder hat die PARTEI denn derzeit?
In NRW sind es etwa zweitausend. Doch im Land wohnen noch rund achtzehn Millionen Bürger, die wir „Schlaf-Mitglieder“ nennen: Menschen, die in unserer schnelllebigen Gesellschaft einfach noch nicht die Zeit gefunden haben, den Mitgliedsantrag auszufüllen. Man kommt ja zu nix. Das wissen wir, weswegen wir den Bürgern nach der Wahl entgegenkommen wollen und die PARTEI-Mitgliedschaftskarte zur Pflicht werden lassen. So könnte der Bürger rund zehn Minuten Zeit sparen – und gespart werden muss in NRW ja ohnehin, wenn ich mir das milliardenschwere Haushaltsloch so ansehe. Unsere Rechnung ist einfach: Zeit ist Geld, Zeit sparen ist Geld und bei achtzehn Millionen Mal zehn Minuten Zeitersparnis wäre unser Land blitzschnell raus aus den Schulden. Ich weiß nicht, wieso da nicht schon jemand drauf gekommen ist, aber Politiker denken ja generell gerne viel zu kompliziert.
Sie scheinbar nicht. Sprechen wir also nun wieder über Ihre Person. Warum gerade Sie, Herr Floehr?
Sehen Sie, Herr Floehr: Es sind Neuwahlen. Und ich bin quasi noch neu. Erst vor zwanzig Jahren bin ich durch hier nicht weiter wichtige Umstände auf diese Welt gekommen. Seither habe ich keine Scheiße gebaut: Ich leihe mir nichts bei Freunden, fahre mit keinem Dienstwagen in den Urlaub und Weltkriege habe ich auch keine angefangen. Und überdies stand ich noch nie zur Wahl. Niemals (!) hatte der mündige Bürger die Chance, mir seine Stimme zu geben. Nun schon. Das ist neu. Alles an mir ist neu, weil unbekannt. Ich bin die Neuwahl in Person. Das passt. Also, alleine deswegen würde ich mich schon wählen. Außerdem passt mir der Düsseldorfer Landtag als Arbeitsplatz ganz gut, die kneipenreiche Altstadt ist zu Fuß nicht einmal dreißig Minuten entfernt.
Werden Sie doch bitte konkret: Was möchten Sie ändern?
Es gibt so Tage, da habe selbst ich nichts Besseres zu tun, als in die Zeitung zu sehen. Dort lese ich dann, dass Politiker ständig Scheiße bauen. Ich sprach bereits davon: Am laufenden Band machen die Scheiße! Das kann doch nicht sein! Mit mir ist Scheiße nicht zu machen. Ich stehe für Spökes, sprich: Unsinn und Spaß. Es ist nicht auszuschließen, dass ich im Landtag Witze erzählen werde. Wissen Sie, Witze werden zu Unrecht von der Gesellschaft geächtet. Ein guter Witz lockert jede spießige Debatte auf, Witze sind demnach prädestiniert für die Politik. Auch PHOENIX hätte sicher höhere Einschaltquoten, wenn Wolfgang Schäuble statt Sudoku zu spielen ein gutes Witzebuch lesen würde. Ein Beispiel: Kennen Sie den Witz mit dem Laubfrosch, der beim Frauenarzt zufällig Hannelore Kraft trifft?
Nein, den kenne ich leider nicht.
Dann wissen Sie ja, welcher Partei Sie am 13.05. Ihre Stimme geben müssen. Und ich denke, Ihre Leser wissen das auch.
Potzblitz, Sie haben mich überzeugt! Ich bedanke mich für das Gespräch.
Liebe Bürger in NRW! Die Wahl ist inzwischen vorbei und gewonnen worden, aber bitte beachten Sie auch weiterhin Die PARTEI. Vielen Dank.
(geschrieben am 19.03.2012)